Das ELDESTENAMT und die daraus abgeleiteten Familiennamen

Wilhelm Eltester

Dortmund, im November 1957

Buch: Das Eldestenamt 
			und die daraus abgeleiteten Familiennamen

In Baumersroda Krs. Querfart lebte in der Mitte des 14. Jahrhunderts Hermannus Eldeste; er hatte, wie wir aus dem Lehnbuch Friedrich des Strengen erfahren, namhaften Grundbesitz in der Umgebung und in Baumersroda zwei Höfe von seinem Amt her, dem Eldestum, mit dem Zubehör seines Amtes.

Diese Urkunde, deren genauen Wortlaut wir weiter unten finden werden, beweist den Zusammenhang des Amtes und des Familiennamens in nahezu einzigartiger Klarheit, und zwar aus einer Zeit, in der die Bildung der Familiennamen überhaupt zu einer verbreiteten Übung wurde.

Das Eldestenamt hat der Stadtarchivar von Halle/Saale, Dr. Rolf Hünicken, in einer umfassenden Arbeit: "Die Eldesten" behandelt. Er kommt zu folgenden Schlüssen:

"Es handelt sich um eine räumlich scharf begrenzte Erscheinung mit nur teilweiser Erstreckung auf kolonialen Boden. Betrachten wir die Stellung der Eldesten genauer, die sich in ihrem Sitzen auf einem Eldestengut äussert, an das sich die Dingpflicht im Bezirksgericht knüpft, so zeigt sich, dass sie nichts anderes sind als "die Schöffen" des Sachsenspiegels, und zwar die Schöffen des bäuerlichen Landdinges, die von den ritterlichen Besitzern der nebenher tagenden landesherrlichen placita durchaus zu scheiden sind. Nun lautet die Hauptstelle über die schöffenbaren Familien im Sachsenspiegel: "dissen stul (d.i. den Schöffenstuhl) erft die vater uph sinen e l d e s t e n sune". Ich glaube, dass in dieser Stelle der Schlüssel zur Deutung des Eldestenwesens liegt.

Ohne Kenntnis der Fundstellen über die Eldesten hat Herbert Meyer in seiner grundlegenden Untersuchung über das Handgemal die zitierte Stelle des Sachsenspiegels zum Ausgangspunkt seiner weitgreifenden Schlüsse über den Zusammenhang zwischen Handgemal und Schöffenstuhl gemacht. Er ist dabei auf Grund anderer Quellen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Schöffenstuhl des Sachsenspiegels die Gerichtsstätte schlechthin bedeutet, die somit als Bestandteil eines Hofes sich forterbte. Alle Mitglieder des Geschlechts waren fähig, das Schöffenamt auszuüben ("schöffenbar"), aber als einziger war der Geschlechtsälteste Besitzer des Schöffenstuhles.

Von hier aus lässt sich nunmehr auch der Ursprung des Eldestenwesens klären. Mit grösster Wahrscheinlichkeit ist es nichts anderes als eben jene Spätform germanischer Sozialzustände, die sich in ländlichen Bezirken bis ins Mittelalter erhalten hat, und zwar für unser Gebiet sogar unter Bewahrung des Namens "Eldeste". Der Eldeste als Bauer war somit in seinem Dorf primus inter pares insofern, als auf seinem Eigen die Gerichsstätte für das von ihm geleitete Niedergericht, oft für mehrere Dörfer gleichzeitig, lag, so dass sich gelegentlich sogar für die Eldesthufe der Doppelname "der thie" ? Dingplatz findet. Zudem war der Eldeste Schöffe im bäuerlichen Landding oder Grafengericht, gegebenenfalls nur in einem engeren Gografengericht (Bezirksgericht). Der Gerichtsverfassung nach bestanden im Gebiet der Eldesten somit keine Abweichungen von den Zuständen des übrigen Ostfalen, lediglich die Bezeichnung der Schöffen war eine andere and ältere."

Die Orte, in denen Eldestenämter nachzuweisen sind (Eldestengebiet), lagen im engeren Umkreis etwa folgender Städte: Wettin, Rüblingen, Mücheln, Merseburg, Halle, Zürbig and - etwas nach Norden abgesetzt - Calbe. Nimmt man das Gebiet von Calbe aus, so kann man das hauptsächliche Eldestengebiet vielleicht in einem Kreis erfassen, dessen Mittelpunkt Halle ist and der einen Halbmesser von 20 - 25 km (2) hat (vgl. die beigefügte Skizze).

Hünicken konnte zahlreiche Belegstellen anführen. Im Laufe meiner Nachforschungen fand ich noch weit mehr Material. Es, ist in dem nachstehenden Verzeichnis A nach Orten zusammengestellt. Auf die Abschnitte Baumersroda, Calbe, Giebichenstein, Niederklobikau and Zürbig sei besonders hingewiesen.

Hünicken hat sich auch mit den aus dem Eldestenamt herzuleitenden Familiennamen befasst and die eingangs genannte Urkunde als besonders aufschlussreich bezeichnet. Auch hierfür und gerade hierfür habe ich nach weiteren Quellen gesucht, wobei ich mich im wesentlichen auf die Zeit bis etwa 1600 beschränken konnte. Die Ergebnisse, die ebenso wie die Angaben zu A keineswegs den Anspruch erheben können, erschöpfend zu sein, finden sich im Verzeichnis B.

Eine sorgfältige Durchsicht aller für mich erreichbarer Namens- and Sachregister in der landes- and ortsgeschichtlichen Literatur, vor allem auch der Matrikeln von Hochschulen usw. hat mir die Gewissheit verschafft, dass sich ausserhalb des Eldestengebietes nirgendwo in Deutschland ein gleichartiger Vorgang abgespielt hat. Das Auftauchen von Namensträgern in Lüneburg and Kleve wird bei den betreffenden Orten in dem Verzeichnis B behandelt.

An mehreren Orten des Eldestengebietes kommen sowohl das Amt wie der Familienname vor. Es sind dies Barnstddt, Baumersroda, Beuchlitz, Hohen, Laucha and Zürbig. Das bestätigt, was ohnehin als sicher gelten könnte, dass der Familienname an zahlreichen Stellen entstanden ist, die Träger des Namens also durchaus nicht etwa alle miteinander verwandt sind.

Die Schreibweise der Namen ist veränderlich und folgt, wie wir es auch sonst allenthalben finden, den Sprachgewohnheiten: ursprünglich Eldeste oder Eldiste, dann Elteste, Eltiste, Eltester, Elste, Elster u.ä., später zuweilen nobilitiert oder auch, aber nur vorübergehend, übersetzt in Senior, Presbyter oder Elstenius. Das in manchen Fällen erscheinende Schluss "r" wird erst spät, gegen Ende des 16. Jahrhunderts, angehängt. Es ist ein Zeichen dafür, dass den Zeitgenossen die Bedeutung des Namens nicht mehr bewusst war. Die Namen, die noch heute vertreten sind, haben zweifellos den gleichen Ursprung; unsicher ist dies m.E. nur bei dem Namen Elster.

Es folgen nun die beiden Verzeichnisse. Da wir, die Familie Eltester, ursprünglich aus Merseburg gewesen sind (die ältere Annahme, wir stammten aus Halle, hat sich nicht halten lassen), ist uns die Kunde der Merseburger Namensträger vorzüglich wichtig. Diesen Zusammenhängen (Merseburg - Spandau - Berlin) wird daher noch ein besonderer Abschnitt zu widmen sein (S. 21 ff.).

Verzeichnis A Orte, in denen ein Eldestenamt oder Spuren davon nachweisbar sind.

Verzeichnis B Orte, in denen Familiennamen vorkommen, die auf das Eldestenamt zurückzuführen sind.

Karte: Das Eldestengebiet

Unser Verzeichnis B zeigt, dass die Abwanderung der ursprünglich stets ländlichen Namensträger in die Stadt schon frühzeitig begonnen hat, vorzugsweise nach Halle, nach Freyburg a/Unstrut und nach Merseburg. Das mag manchmal deswegen geschehen sein, weil das fortschreitende Lehnswesen den alten Eldesten-Familien ihre Vorzugsstellung auf dem Lande nahm. Man muss sich dabei immer vor Augen halten, dass die städtische Verfassung und die städtischen Schöffengerichte nichts mit dem Eldestenamt zu tun hatten.

Wir sind nicht in der Lage und haben es auch nicht als unsere Aufgabe angesehen, die Wege der wahrscheinlich zahlreichen Familien zu verfolgen, die von dem Eldesten herkommen, wenn wir wohl auch manchen wichtigen Hinweis geben könnten. Uns soll jetzt nur das noch beschäftigen, was unsere engere Familie betrifft.

Nach allem, was wir jetzt wissen, ist der im Verzeichnis B genannte Domkämmerer Christoph Eiteste in Merseburg als der Großvater des gleichnamigen Mannes in Berlin anzusehen, mit dem unsere 1924 verlegte Familiengeschichte beginnt.

Über den Domkämmerer und seine Familie können wir uns ein leidliches Bild machen. Dass er mit den Namensträgern verwandt ist, die wir schon im 14. Jahrh. in Merseburg nachweisen können, ist zwar wahrscheinlich, aber unsicher. Mit größerer Sicherheit werden wir sagen können, dass er ein Merseburger Kind gewesen sein muss und wenigstens mit Hans Eldeste und dem Domorganisten Christoph Eldeste etwas zu tun hat; vielleicht ist der eine sein Vater, der andere sein Onkel. Dies ist aus mancherlei Gründen zu schliessen, z.B. wegen der Vornamen (s.u.) und wegen der Ämter am Dom, die in drei Generationen der Familie erscheinen.

Unser Christoph wird als Domkämmerer zuerst 1553 erwähnt, dann ziemlich häufig in den Domprotokollen, den Stadt- und Ratsbüchern, den Stadtgerichts- und Stadthandelsbüchern, meist in Sachen seines Amtes, in Vormundschaftsangelegenheiten usw. Immer wird achtungsvoll von ihm gesprochen. Am 8.3.1581 wird gesagt, er sei nun "ein alter Mann", weswegen er eine Vormundschaft abgibt; sein Kämmereramt hat er aber bis zu seinem Tode behalten, es also wenigstens 30 Jahre lang ausgeübt. 1583 ist er gestorben. Sein Geburtsjahr ist demnach auf etwa 1505 anzusetzen. 5)

Wir wissen bestimmt, dass er dreimal verheiratet war und aus allen drei Ehen Kinder hatte 6) und dass solche aus allen drei Ehen, und zwar wenigstens 4 Söhne und 1 Tochter bei seinem Tode noch am Leben waren,7) Es fehlen zwar viele und wichtige Daten, aber wir können aus den vorgefundenen Angaben mit einiger Sicherheit seine Familie, in dem folgenden "Register" nachzeichnen:

1. Ehe, am 1529 geschlossen, vielleicht mit Ursula Domnitz, der "Eldstin", die 1536 erwähnt wird (s.Verz.B). Aus dieser Ehe dürften stammen:

a) Johannes, um 1530 geboren, 1554 von Bischof Michael Held während des sogen. Interims kurz vor der endgültigen Einführung der Reformation zum Akoluthen in Merseburg geweiht, im Sommersemester 1555 in Leipzig, im Wintersemester 1555 in Erfurt immatrikuliert (in beiden Matrikeln ohne Angabe des Heimatortes); anscheinend noch zu Lebzeiten des Vaters gestorben.

b) Christoph, geb. um 1531; in Leipzig 1548 immatrikuliert; hat wohl ebenfalls den Vater nicht überlebt.

c) Clara, geb. um 1536,verh. 1555 mit Gangolff Stoicke, sehr bald verwitwet und wiederverheiratet mit Mattheus Behm. 8)

d) Günther, geb. 1538, später in Spandau.

2. Ehe, etwa 1546 mit Clara Mahlmanns aus Jüterbog .9) Aus dieser Ehe stammen:

e) Philipp, geb. 1547, war ein Kaufmann, verh. 1578 mit Maria Hotzsche aus Halle, Witwe von Wolff Krüger. Ein Sohn hieß Christoph, geb. um 1579.10

f) Sigismund, geb. um 1548, besucht um 1560 zusammen mit seinem Bruder Caspar (s.g) die Gelehrtenschule des Klosters St.Petri in Merseburg, wurde Domorganist in Merseburg und starb als solcher, offenbar unverheiratet, im Jahre 1603. 11)

g) Caspar, geb. um 1549, um 1560 Schüler (s.f), wahrscheinlich vor dem Vater gestorben.

3. Ehe mit Elisabet?; sie verh. sich bald nach dem Tode des Domkämmerers wieder mit Michael List zu Torgau, ist aber schon wenige,Jahre später (1586?) gestorben 12) Kinder:

h) Ubaldus, geb. um 1559, verh. 1589 in Spandau (s.S.24),

i) Tochter, Vorname unbekannt, geb. um 1560, um 1593 verh. mit Georg Stocke. 13)

Ausdrücklich bezeugt, dass es sich um Kinder des Domkämmerers handelt, ist es bei Clara (c), Philipp (e), Sigismund (f), Caspar (g) und der Frau Stocke (i). Wir haben gewichtige Gründe, dies auch von den anderen vier Kindern zu behaupten.

Im Jahre 1554 schrieb die kursächsische Kanzlei an den Schosser zu Freyburg/Unstrut, der "Thumkemmerer Christoff Eldeste" habe Klage geführt, dass Zinsen, die seinen Söhnen (offenbar noch unmündig) bei Trebes Koendels zu Zutzehdorf im Amte Freyburg zustehen, nicht bezahlt wurden. Der Schosser soll sich darum bemühen und berichten 14). Bei diesen Söhnen muss es sich um solche aus der ersten Ehe handeln, sonst wäre das Ganze unverständlich, und bei den Zinsen um das Erbgut der Mutter, wohl eben der Ursula Domnitz, die von Hause aus vermögend war. Die Mehrzahl "Söhne" sagt dem Aktenkundigen, dass es mehr als zwei gewesen sind. - Von Johannes und Christoph finden wir nichts weiter, obwohl zu dieser Zeit die Akademiker immer wieder irgendwie auftauchen. Sie sind also wohl in jüngeren Jahren gestorben.

Bei den Erbauseinandersetzungen mit dem Domkapitel nach dem Tode des Kämmerers sprechen die ortsansässigen Erben davon, dass "die anderen beiden Brüder post Petri Pauli zusammenkommen" würden. 15) Ortsansässig waren Philipp und Sigismund. Mit den beiden anderen Brüdern, die also nicht mehr in Merseburg waren, können u.E. nur Günther und Sebaldus gemeint sein; Günther war um diese Zeit schon seit längerem in Spandau ansässig, Sebaldus, dessen zeitliche Eingliederung in das obige Familienregister am unsichersten ist, anscheinend auch nicht in Merseburg.

Gegen die Annahme, dass unser Register vielleicht nicht nur Kinder des Domkämmerers, sondern andere Verwandte enthalten könnte, spricht, dass der Domkämmerer der einzige Hausvater seines Namens war, der nach der Mitte des 16. Jahrh. in Merseburg nachzuweisen ist. Im Lehnsbuch von Merseburg wird nur er genannt: "Christof Eldest haus lehnt vom Thumprobste"; ebenso in dem Landsteuerregister des Stiftes Merseburg von 1569. Letzteres befindet sich, soweit es Merseburg betrifft, in vollständiger Abschrift in unserem Familienarchiv und gibt über zahlreiche Zusammenhänge, die hier nur angedeutet werden konnten, sehr gute Aufschlüsse. 16)

Ehe wir uns nun abschließend mit dem mutmaßlichen Sohne des Domkämmerers, mit Günther Elteste (in obigem Register unter d aufgeführt) und dessen Kindern befassen, wird es nützlich sein, einige Worte über den Gang der Familienforschung und die Erkenntnis der Zusammenhänge zu sagen. Die älteste und allein brauchbare Überlieferung, die unser Familienarchiv enthält, sagt einfach und klar, dass unsere Vorfahren aus Sachsen in das Havelland gekommen seien. Doch wollte es der seit Generationen betriebenen Familienforschung nicht gelingen, über die Zeit um 1620 hinauszukommen. Erst ein Zufallsfund in den Büchern der Nikolaikirche Berlin (s.Anmerkung 19) gab die Sicht frei, auf Spandau und von da auf Merseburg. Dreyhaupt brachte die ersten Anhaltspunkte für Sachsen, dann führte das von Hertel I gegebene Material aus Halle eine Zeitlang irre; 17) doch Funde bei Kehr und Buchwald und endlich die systematische Durchforschung des in den Archiven verborgenen Schriftgutes wiesen den richtigen Weg. Erschwerend war, dass erst gegen Ende des 16. Jahrh. die bis dahin fehlenden Kirchenbücher Hilfen geben konnten.

Aus den Spandauer Urkunden erkannten wir in Günther Elteste den Vater unseres Vorfahren, bis zu dem die Familiengeschichte nach dem damaligen Stand zurückgeführt war. Zunächst ergab sich dass Günther kein Spandauer oder überhaupt Urker Kind ist. Jahrelang hat das Geh. Preuß. Staatsarchiv in Berlin-Dahlem in meinem Auftrage nachgeforscht, ob sich vor ihm oder neben ihm Namensträger dort finden, jedoch mit absolut negativem Erfolg. Zwar gibt es im Spandauer Traubuch von 1581 einen Eintrag, der von einem Joachim "Elltister" zu sprechen scheint, Tochter Anna heiratete Andreas Moyss. Der Name von Vater und Braut ist aber so undeutlich und mit unleserlichen Verbesserungen geschrieben, dass diese Notiz nicht als ein für uns brauchbares Instrument anzusehen ist.

Den Hinweis auf die Herkunft Günthers gibt uns die Tatsache, dass "Sebaldus Elteste von Merseburg" (in unserem Register unter h eingeordnet) Pfingsten 1589 in Spandau mit Anna Koeh, Tochter von Kersten Koeh, aus einer bekannten Spandauer Familie, getraut wurde. Günther und Sebaldus sind, wie wir oben zeigten, als Brüder anzusehen.

Wichtig für diese Auslegung ist auch die Namensschreibung. Die Eintragungen in den Traubüchern bei Günther (s.u.) und Sebald sind völlig einwandfrei, man möchte sagen, in repräsentativer Form und bestens leserlich mit Elteste geschrieben. Es springt direkt in die Augen, dass hier die gleiche energische, von einem gehobenen Bildungsstand zeugende Anordnung für die Schreibweise gegeben wurde. Sebald kommt nicht wieder vor, aber den Namen von Günther finden wir oft in der Spandauer Chronik und hier immer richtig mit Elteste oder Eltiste geschrieben. Anders in den Eintragungen der Berliner Büros. Dort herrscht ein Gewirr in der Namenschreibung. z.B. heißt es in einem im genauen Wortlaut abgeschriebenen Auszug aus den Sentenzenbüchern des Berliner Kammergerichts vom Jahre 1582 (Familienarchiv), worin Günther in eigener Sache oder als Beauftragter des Rates bei einem Holzhandel als Kläger auftritt:

"Gunter Eltiste Burger zu Spandowe ...
Guntter Elster zu Spandou ...
das Schrieber solche 14 Latten Elstern wieder erstatten solle ...
Gunter Eltister Burger zu Spandowe

Es hat fast ein Jahrhundert lang gedauert, bis sich in den dann für uns ausschließlich in Betracht kommenden Berliner Kanzleien die heutige Schreibweise "Eltester" endgültig durchgesetzt hat. Noch 1707 lässt der Kirchenbuchschreiber von Nikolai Berlin "die Frau Elsterin" (Barbara geb. Tilemann, gest. 15.5.1707 als Witwe des Hofmundschenk Christian. s.u.) zu Grabe getragen sein. Im Übrigen wird der Name des Merseburger Domkämmerers im Laufe von gut dreißig Jahren auch sehr verschieden geschrieben: Eldeste, Eldiste, Eldste, Elteste, Eltiste, Eltest, 1579-1580, allerdings vereinzelt, auch schon Eltester.

Ein merkwürdiger Umstand sei noch betrachtet: Seit etwa 1500 gab man in der Familie einem Sohn, und zwar mit Vorliebe dem zweiten, regelmässig den Vornamen Christoph, seit Ende des 17. Jahrh. meist in Verbindung mit Otto. Das kann kaum ein Zufall sein, sondern ist als eine sorgsam gepflegte Tradition anzusprechen, die auch heute noch, wenn auch weniger streng gehandhabt, in der Familie fortlebt und die uns für die frühere Zeit familiengeschichtlich interessante Anhaltspunkte geben kann; das gilt auch für den damals in drei Generationen wiederkehrenden Vornamen Caspar und in Verbindung damit vielleicht auch für den an und für sich häufigen Vornamen Johannes.

Was wir nun weiter von Günther Elteste und seinen Kindern wissen, ist folgendes:

Laut Mitteilung des Geh. Preuss. Staatsarchivs kommt Günther erstmalig 1573 in den Akten (Sentenzenbüchern) des Kammergerichts Berlin - anscheinend als geladener Zeuge - vor. 1581 wird er Rats-, Bau- und Fischherr in Spandau, 18) 1590 Kämmerer, 1613 "regierender Bürgermeister". Er starb 1618 im Alter von 80 Jahren. Zu seinem Begräbnis am 13.3. stiftete der Rat für 11 Thlr. und 6 gr. dreissig Ellen Karteken (Trauerborden, die an die Ratsherren verteilt wurden). Günthers Name war auf der 1600 gegossenen, 1701 gesprungenen Glocke der Nikolaikirche in Spandau verzeichnet.

Am 3.7.1587 heiratete er Anna Fleck, des "ehrbaren Herrn Paul Fleck von Zwickau nachgelassene Tochter". (Die Familie Fleck ist auch eine der in Spandau um diese Zeit zugewanderten Familien. Z.B. heiratete 1594 Abraham Fleck aus Zwickau Anna Moyss. Er war Goldschmied und Kirchenvorsteher in Spandau und starb 1612 an der Pest. Vgl. dazu auch die Universitätsmatrikel von Leipzig, besonders: Mathias Fleck, Zwiccaviensis, 1543 - 1557, zuletzt med.dr.).

Zu beachten ist, dass Günther bei seiner Verheiratung bereits 49 Jahre alt war. Vielleicht war er Witwer. Seine vier uns bekannten Kinder, Caspar, Johannes, Christoph und Maria (die Spandauer Stadtchronik bezeichnet sie ausdrücklich als seine Kinder) haben alle vor oder bald nach des Vaters Tod Spandau verlassen. Ihre Geburtsdaten fehlen, ihre Altersreihenfolge ist daher nicht bestimmbar.

1. Caspar erhielt vom Rat 1598 10 Thlr. wegen Dedicierung eines carminis ad studia. Mehr wissen wir nicht von ihm.

2.Johannes erhielt laut Ratsbeschluss wiederholt Stipendien ad continuenda studia, 1619 10 Thlr. "zum Abzuge von der Universität" 1619 wurde er Conrektor an der grossen Spandauer Stadtschule mit 30 Thlr. Gehalt. Als Student wird er bisweilen mit latinisiertem Namen "Senior" genannt. 1622 also 4 Jahre nach dem Tode des Vaters, verließ er Spandau mit einem Abschiedsgeschenk des Rates von 6 Thlr. Offenbar ist er nach Berlin übergesiedelt, denn dort findet sich von ihm noch eine Spur. Im Kirchenbuch der Marienkirche in Berlin wird am 16.8.1626 getauft: Johannes Nikolaus, Sohn von Johannes Eltister. Pate ist u.a. Dr. Friedrich Fleck, also ein Verwandter mütterlicherseits. Auch hierzu vergleiche die Leipziger Universitätsmatrikel. Weiteres über Johannes ist uns nicht bekannt.

3. Christoph bekam 1612 vom Spandauer Rat 2 Thlr. "ad continuenda studia nach Stettin". Nach dem Traubuch der Nikolaikirche Berlin heiratete er am 4.2.1616 Margarethe Krüger, Tochter von Michael Krüger aus Storkow i.d.Mark. Als sein Heimatort ist dabei "Spandow-Burg" angegeben. 19) Mit ihm beginnt die von General Paul Eltester 1924 neu gefasste Familiengeschichte. Von seinen uns bekannten Kindern: Christoph (geb. 15.10.1616), Johannes Caspar und Christian wurde Christian (1630-1697) Hofmundschenk des Großen Kurfürsten und ist der gemeinsame Vorfahr aller in unserem Verband zusammengefasster Mitglieder der Familie Eltester.

4. Maria heiratete 1617 den Spandauer Bürger und Maler Jacob Moeves. Im Jahre 1619 bewilligte der Spandauer Rat "25 Thlr. Jacobo Moeves, dem Mahler, die 4 evangelisten u salvatorem in der Kirche zu mahlen und obere Gitter mit Cold u. Silber auszustaffiren". Das Bild war ursprünglich für die Nikolaikirche bestimmt, kam aber später in die Spandauer Moritzkirche. Schu1ze, der 1811 gestorben ist, hat es dort gesehen und (Recke-Band I S. 372) wie folgt beschrieben:

"Dem Altar gegenüber an dem höchsten Chor sind die vier Evangelisten gross und schön gemahlt u. Christus zwischen ihnen. Beym Matthäus sieht man einen Engel hinter ihm; beym Marcus einen Löwen; über unserm Heilande die Aufschrift: CrIstUs trIUMphat SpanDoVIae (welches die Jahr Zahl 1619 in sich fasset); bey dem Lucas einen Ochsen Kopf mit starken Hörnern u. bey dem Johannes ein Buch u. einen Adler."

Leider ist dieses interessante Gemälde verschollen. Die Moritzkirche ist bereits vor längerer Zeit abgerissen worden.

Maria wurde Witwe und zog ebenfalls nach Berlin. Nach dem Traubuch des Berliner Doms ist am 21.1.1636 "Meister Michel Vincke, Churf. Brandenb. Mundkoch, mit Frau Maria Eltesten. Jacob Mewes, gewese. Bürgers und Mahlers. zu Spandau sehl. Witwe durch Hl. Joh. Christoph Hühnern ehel. vertaet".

Diese unscheinbare Urkunde ist nach meinem Dafürhalten für uns eine der wichtigsten, die wir aus dem 17. Jahrhundert besitzen. Sie ermöglicht es uns, den Übergang von der älteren zu der neueren Geschichte in unserer Familie zu verstehen. Die zweite Ehe Marias schuf die Voraussetzungen dafür, dass ihr Neffe Christian (siehe oben Ziff. 3) in den kurfürstlichen Hofdienst kam. So wurde nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges der Spross eines alten, angesehenen Bürgergeschlechtes zum Begründer unserer Beamten- und Soldatenfamilie.